Der Sprachunterricht nach den fide-Prinzipien geht von den Bedürfnissen der Lernenden und von ihren Ressourcen aus. Personen, die nicht lesen und schreiben gelernt haben, oder die Schrift nur auf rudimentäre Art beherrschen, verfügen über andere Ressourcen zum Erlernen einer neuen Sprache und zum Bewältigen von kommunikativen Situationen. Der auf Szenarien basierende Sprachunterricht kommt den Bedürfnissen von nicht oder nur ungenügend alphabetisierten Lernenden entgegen: Sie können mit dem Einsatz ihrer eigenen Ressourcen die kommunikativen Fähigkeiten entwickeln, ohne dass sie dabei von ihrem schriftlichen Defizit behindert werden.
Die Entwicklung von Lese- und Schreibfähigkeiten im Erwachsenenalter ist ein langwieriger Prozess. In einem Nachalphabetisierungskurs kann der fide-Ansatz die Entwicklung der schriftlichen Fähigkeiten mit alltäglichen und authentischen Lese- und Schreibanlässen unterstützen, ohne dass die mündliche Sprachentwicklung dadurch zurückgebunden wird. Bedingung dafür ist, dass nicht oder ungenügend alphabetisierte Personen nicht zusammen mit bereits alphabetisierten Lernenden unterrichtet werden.
Fremdsprachige Personen, die in die Schweiz einreisen, müssen sich rasch in ihrer neuen Lebensumgebung orientieren und häufige Kontaktsituationen im Alltag bewältigen können. Für Deutschlernende, die noch am Anfang stehen, ist es dabei hilfreich, den voraussichtlichen Ablauf von Handlungssituationen zu kennen – beispielsweise bei der Anmeldung in der Wohngemeinde oder beim Eröffnen eines Postcheckkontos.
Der Anfängerunterricht nach den fide-Prinzipien setzt genau da an: Die Lernenden beschäftigen sich mit den für sie unmittelbar relevanten Kontaktsituationen, und sie werden darauf vorbereitet, sich in diesen Situationen mit wenigen Worten „durchzuschlagen“, auch mit Hilfe von nicht-sprachlichen kommunikativen Strategien. Nach und nach lernen sie dann, diese Situationen selbständiger und sprachlich sicherer zu bewältigen.
Die in der Szenarien-Datenbank enthaltenen Szenarien basieren in erster Linie auf den Bedürfnissen von Migrantinnen und Migranten, die in der Schweiz leben und arbeiten. Asyl suchende Personen haben in ihrem Alltag eine eingeschränkte Bewegungsfreiheit und deshalb teilweise andere sprachliche Bedürfnisse.
Im Sprachunterricht nach den fide-Prinzipien passt die Kursleitung in Absprache mit der Kursgruppe die Lerninhalte der aktuellen Lebenswelt der Teilnehmergruppe an: Es werden Szenarien ausgewählt, welche für diese relevant sind, oder einzelne Handlungsschritte werden der Situation der Asylsuchenden angepasst. Der didaktische Ansatz des szenariobasierten Unterrichts kann also auch bei Deutschkursen im Asylbereich erfolgreich umgesetzt werden.
Bei der Kommunikation im Alltag ist die Verständlichkeit wichtiger als die grammatikalische Korrektheit. Deshalb wird beim Sprachunterricht nach den fide-Prinzipien darauf geachtet, dass die Lernenden die Wörter und Sätze so aussprechen, dass sie verstanden werden können, auch wenn es je nach Erstsprache der Personen sehr schwierig sein kann, die deutschen Laute und Wörter richtig auszusprechen.
Lernende sind motivierter und lernen schneller, wenn sie das in der Schule Gelernte direkt im Alltag ausprobieren und anwenden können. Im Sprachunterricht nach den fide-Prinzipien werden die Lernenden von Anfang an dazu angeregt, ihre Bedürfnisse zu äussern und die Inhalte und Schwerpunkte des Unterrichts mitzubestimmen. Es ist klar, dass nicht immer auf alle individuellen Anliegen eingegangen werden kann. Teilnehmer- und Bedürfnisorientierung bedeutet auch, dass Ziele und Inhalte in der Kursgruppe „verhandelt“ und gemeinsam Prioritäten gesetzt werden.
Der kontinuierliche Dialog zwischen der Alltagswelt der Lernenden und dem Unterrichtsgeschehen ist für den Erfolg entscheidend. Der auf Alltagsszenarien basierende Unterricht erleichtert diesen Transfer.
Regelmässige Standortbestimmungen sind für den Lernprozess wichtig: Für die Kursleitung bilden sie eine Grundlage für die gezielte, individuelle Anpassung der Unterrichtsinhalte; für die Lernenden sind sie Gelegenheiten, die eigenen Fortschritte festzustellen und über den Lernprozess nachzudenken.Im Sprachunterricht nach den fide-Prinzipien stehen kollaborative Beurteilungen im Zentrum, beispielsweise Feedbacks von Kurskolleginnen und Kurskollegen zu einem Rollenspiel, nach vorher gemeinsam festgelegten Kriterien, oder Rückmeldungen der Kursleitung, die für das gemeinsame Festlegen der weiteren Lernschritte und der Lernschwerpunkten dienen.
Zu den Musterszenarien auf der fide-Website wurden exemplarisch jeweils geeignete Beurteilungsanlässe aufgelistet und entsprechende Unterrichtshilfen entwickelt, z.B. Raster für das Bewerten von Rollenspielen oder Schreibaufgaben, Kriterien für die Selbstevaluation oder für ein kollegiales Feedback der Kursgruppe. Im Weiteren stehen den Kursleitenden szenarioübergreifende Beurteilungsinstrumente zur Einschätzung der mündlichen und schriftlichen Leistungen der Lernenden zur Verfügung.Der Beurteilungs- und Selbstbeurteilungsprozess wird im Unterricht nach den fide-Prinzipien durch das Anlegen einer individuellen Lerndokumentation gestützt, in der die Lernenden ihre Ziele und ihre Lernergebnisse festhalten und „Lernprodukte“ wie Wörtersammlungen, Beispieldialoge oder andere Mustertexte sowie selbst verfasste Texte ablegen.
Eine Möglichkeit, mit heterogenen Gruppen produktiv umzugehen, ist die Binnendifferenzierung, d.h. die Lernenden arbeiten einzeln oder in Kleingruppen
Die Binnendifferenzierung stellt hohe Anforderungen an die Lehrpersonen (Planung, Vorbereitung von unterschiedlichen Aufgaben etc.), ist aber zumindest für einen Teil der Kurszeit unabdinglich, wenn die einzelnen Lernenden optimal gefördert werden sollen. Dabei ist der Umgang mit unterschiedlichen Lernniveaus einfacher, wenn Lernziele und schulische Voraussetzungen der Lernenden ähnlich sind. Dem sollte durch entsprechende Einstufungsverfahren bei der Kurseinteilung möglichst Rechnung getragen werden.
Die meisten Kursanbietenden haben eigene, auf ihr Kursangebot abgestimmte Verfahren, um Interessentinnen und Interessenten so auf Kursgruppen zu verteilen, dass die einzelnen Lernenden möglichst gut gefördert werden können.
Dabei sollte der aktuelle Sprachstand der Lernenden nicht die einzige Grundlage für die Kurszuteilung bilden. Ebenso wichtig für den Lernerfolg sind Faktoren wie die schulische Vorbildung, die persönlichen Lernziele oder die Lernbedürfnisse, welche sich aus der aktuellen Lebenssituation der Migrantinnen und Migranten ergeben.
Bei schulungewohnten Lernerinnen und Lernern oder bei Personen, welche sich ihre Sprachkenntnisse ausserhalb von Kursen im Alltag erworben haben, können sich die vorhandenen Kompetenzen im mündlichen und im schriftlichen Bereich stark unterscheiden. Ein Einstufungsverfahren, welches sich nur auf einen schriftlichen Test stützt, ist deshalb nicht sehr geeignet.
Im Rahmen des fide-Projekts wurde ein Verfahren zur Kurszuweisung entwickelt, um einerseits die mündlichen kommunikativen Kompetenzen und andererseits den Grad der Schulgewohntheit und die Vertrautheit mit der Schrift zu erfassen. Die entsprechenden Instrumente stehen im Shop zum Download zur Verfügung oder können bestellt werden.
Die laufende Evaluation des Lernprozesses und der Lernergebnisse hat im Sprachunterricht nach den fide-Prinzipien einen hohen Stellenwert: Das Feststellen und Festhalten von Lernfortschritten ist die Grundlage für das Entwickeln der Autonomie beim Lernen. Das erhöhte Bewusstsein über die eigenen Lernprozesse und Lernbedürfnisse ermächtigt die Lernenden, die Unterrichtsprozesse mitzusteuern und die Lernresultate zu verbessern.
Der Sprachunterricht nach den fide-Prinzipien zielt in erster Linie darauf hin, dass die Migrantinnen und Migranten möglichst bald häufige Alltagssituationen sprachlich bewältigen können. Es ist klar, dass sie dabei noch Fehler machen. Die Korrektur soll da erfolgen, wo die Fehler zu Verständigungsschwierigkeiten führen können. Am effektivsten ist es, wenn die Lernenden die Fehler selbst erkennen und verbessern können.
Die Forschung zeigt, dass die Korrektheit erst auf einem fortgeschrittenen Niveau entwickelt wird. Zu viel Nachdruck auf dem korrekten Ausdruck kann am Anfang des Lernprozesses dazu führen, dass Lernende unsicher werden und Sprechangst oder Vermeidungsstrategien entwickeln.
Der fide-Test ist ein Testverfahren zum Nachweis der Kompetenzen in den schweizerischen Amtssprachen Deutsch, Französisch und Italienisch, im Niveaubereich A1-B1.
Der fide-Test unterscheidet sich von anderen Sprachtests dadurch, dass die Testaufgaben sich auf die Bewältigung von Situationen beziehen, die im Schweizer Alltag vorkommen (z.B. einen Brief einer Behörde verstehen, mit der Lehrerin des Kindes reden, ein Formular ausfüllen).Die mündlichen (und die schriftlichen Sprachkompetenzen werden getrennt überprüft. Den Teil «Sprechen und Verstehen» können so auch Personen absolvieren, die nicht oder nur wenig lesen und schreiben können.
Beim fide-Test bekommt man nicht das Resultat «bestanden» oder «nicht bestanden», sondern man erhält einen Sprachenpass, der – je nach gezeigten Fähigkeiten – das Niveau A1, A2 oder B1 attestiert.
Für eine Anzahl Alltagsszenarien gibt es Fotokarten, d.h. Bildserien, welche die einzelnen Schritte eines Handlungsablaufs darstellen. Auf der Vorderseite ist ein Handlungsschritt auf einem Foto abgebildet, auf der Rückseite wird dieser mit einem Ausdruck beschrieben.
Im Unterricht können die Fotokarten für unterschiedliche Zwecke eingesetzt werden, beispielsweise
Der Gemeinsame europäische Referenzrahmen für Sprachen definiert sechs Kompetenzstufen für das Lernen von Fremdsprachen (A1, A2, B1, B2, C1, C2) und beschreibt diese in Bezug auf die fünf Fertigkeiten Hörverstehen, Leseverstehen, dialogisches und monologisches Sprechen sowie Schreiben. Das fide-System bewegt sich in den Bereichen A1 bis B1. Die formulierten Lernziele in den Szenarien beziehen sich jeweils auf diese GER-Niveaus.
Szenarien können im Unterricht auf verschiedenen Niveaus und auf verschiedene Art behandelt werden. Die Kompetenzbeschreibungen nach Niveaus in der Szenarien-Datenbank zeigen für jedes Szenario auf, wie Lernende auf dem betreffenden Niveau dieses voraussichtlich bewältigen können. Die Ich-kann-Beschreibungen zu den Musterszenarien in den Unterrichtshilfen bieten Formulierungshilfen für realistische, niveaugemässe Lernziele.
Beim Sprachunterricht nach den fide-Prinzipien steht die Grammatik nicht an erster Stelle. Im Vordergrund steht das Erwerben der kommunikativen Fähigkeiten, die es den Migrantinnen und Migranten erlauben, sich in Alltagssituationen möglichst selbständig zu bewegen. Am Anfang ist das natürlich mit Fehlern verbunden; auf einem höheren Niveau kann dann vermehrt auch die Korrektheit entwickelt werden.
Im szenariobasierten Unterricht bieten sich allerdings viele Gelegenheiten, auch die Sprachstrukturen bewusst zu machen und in einem sinnvollen Kontext einzuüben. Das Szenario „Einen Unfall melden“, zum Beispiel, erfordert die Vergangenheitsform der Verben.
Der auf Alltagsszenarien aufgebaute Unterricht bietet zudem dem Vorteil, dass wichtige und häufige Sprachstrukturen – beispielsweise die Höflichkeitsform, die Pronomen oder die Modalverben – immer wieder vorkommen und wiederholt und eingeübt werden können.
Ein Handlungsfeld bezeichnet einen gesellschaftlichen Kontext, einen wichtigen Lebensbereich im Alltag. Es umfasst jeweils eine Anzahl von häufigen Situationen: die Szenarien. fide umfasst 11 Handlungsfelder:
1. Wohnumgebung2. Kinder3. Arbeit4. Arbeitssuche5. Behörden6. Medien und Freizeit7. Verkehr8. Einkäufe9. Post, Bank und Versicherungen10. Gesundheit11. Weiterbildung
Diese Handlungsfelder und die typischen Szenarien, die sie enthalten, wurden in einer schweizweiten Bedürfnis- und Bedarfsanalyse erhoben und überprüft. Sie spiegeln daher zentrale Lebensbereiche des Schweizer Alltags wieder.
Handlungsorientierter Unterricht stellt das Handeln, also das Bewältigen von echten kommunikativen Situationen ins Zentrum. Im geschützten Raum des Kurses werden diese Situationen bearbeitet und die für die Bewältigung der Situation hilfreiche Ressourcen (Wortschatz, soziokulturelle Kenntnisse, Sprachstrukturen etc.) aufgebaut. Ziel ist, dass die Lernenden in der Lage sind, die jeweiligen Situationen auch ausserhalb des Kurses zu meistern und mitzugestalten.
Im handlungsorientierten Unterricht arbeiten die Lernenden an realen oder zumindest realitätsnahen und für sie relevanten Aufgaben. Sie erweitern damit nicht nur ihre sprachlichen Kompetenzen sondern entwickeln ebenfalls ihre Fähigkeiten, Aufgaben strukturiert anzugehen, Lösungen zu suchen und autonom zu lernen.
Das Spezifische am handlungsorientierten Unterricht nach den fide-Prinzipien ist, dass Situationen und Handlungsschritte nicht isoliert und generell bearbeitet werden (z.B. „sich vorstellen“ oder „einen Bewerbungsbrief schreiben“) sondern eingebettet in einen Handlungsablauf, d.h. in ein Szenario (z.B. „Sich bei seinen Nachbarn als neue Mieterin oder neuer Mieter vorstellen“ oder „Sich für eine Stelle bewerben“). Dieses Vorgehen ist einerseits lernpsychologisch effizient und erleichtert andererseits die Integration von soziokulturellen Informationen.
Szenarien bilden in der Regel einen ganzen Handlungsablauf ab, der aus mehreren Schritten besteht: Das Szenario „Die Aufenthaltsbewilligung verlängern“ umfasst beispielsweise die Handlungsschritte „Die Verfallsanzeige der Behörde verstehen“, „Die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung beantragen“, „Die Aufenthaltsbewilligung abholen“.
Handlungsschritte können mehrere kommunikative Aufgaben beinhalten. Der Handlungsschritt „Die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung beantragen“ beinhaltet beispielsweise das Ausfüllen des Antragsformulars und das Übergeben des Formulars und der erforderlichen Unterlagen am Schalter der Behörde.
Im szenariobasierten Sprachunterricht stellen die Handlungsschritte in der Regel sinnvolle Etappen dar, die sich als Grundlage zur Planung von Lerneinheiten eignen.
Lerngruppen sind in der Regel heterogen bezüglich der Muttersprache, der Deutsch-Vorkenntnisse, der Lernstile, der Lernbedürfnisse etc. Um alle Lernenden bestmöglich zu fördern, kann die Kursleitung Formen der Binnendifferenzierung einsetzen.
Der szenariobasierte Unterricht nach den fide-Prinzipien kommt den Bedürfnissen von heterogenen Gruppen entgegen: Die Bewältigung von Handlungssituationen steht im Zentrum, und das ist auf verschiedenen sprachlichen Niveaus möglich. Die Lernenden können beim gleichen Grundprogramm an teilweise unterschiedlichen individuellen Lernzielen arbeiten.
Sehr anspruchsvoll sind jedoch Kursgruppen, in denen schulgewohnte und schulungewohnte Lernende gemischt sind, d.h. Gruppen, welche grundsätzlich andere Lernvoraussetzungen mitbringen und unterschiedliche Unterrichtsformen benötigen. Wenn möglich, sollten schulgewohnte und schulungewohnte Lernende in getrennten Gruppen lernen können, auch wenn man dafür eventuell auf eine feinere Unterscheidung der Sprachniveaus verzichten muss.
Für die Musterszenarien wurden – als Hilfsmittel für die Kursleitenden – so genannte Ich-kann-Beschreibungen ausgearbeitet. Es handelt sich um Beschreibungen der sprachlichen Fertigkeiten, jeweils bezogen auf die zentralen Aspekte der Handlungsschritte eines Szenarios.
Die Ich-kann-Beschreibungen basieren auf den Kann-Beschreibungen in der Szenarien-Datenbank, sind aber sprachlich so vereinfacht, dass sie im Unterricht beispielsweise als Zielformulierungen eingesetzt werden können. Die Niveau-Angaben bei den Ich-kann-Beschreibungen sagen aus, ab welchem GER-Niveau die beschriebene Sprachhandlungskompetenz zu einem sinnvollen Lernziel gemacht werden kann.
Die Analyse der Bedürfnisse von Migrantinnen und Migranten sowie Analysen zum gesellschaftlichen Bedarf in der Schweiz haben gezeigt, dass IKT im Leben der Migrantinnen und Migranten eine wichtige Rolle spielen. Diese Zielgruppe ist in sehr unterschiedlichem Mass mit IKT vertraut; viele benutzen den Computer und das Mobiltelefon, um beispielsweise via Skype, E-Mail, SMS oder MSN mit Verwandten im Ursprungsland in Kontakt zu bleiben. Manche verwenden auch das Internet für die Suche nach diversen Informationen.
Aus dem beruflichen und privaten Alltag sind die IKT nicht mehr wegzudenken, und wer nicht damit umgehen kann, ist von wachsenden Bereichen ausgeschlossen. Deshalb gehört die Nutzung von Internet und Web-Apps selbstverständlich zu verschiedenen fide-Szenarien, insbesondere auch im Unterricht mit schul- und/oder medienungewohnten Gruppen.
Unter Interkulturalität versteht man die bewusste und respektvolle Interaktion zwischen Angehörigen verschiedener Lebenswelten, ihren Wertvorstellungen und Eigenheiten. Durch die offene Begegnung und das Wahrnehmen von Unterschieden und Gemeinsamkeiten wird die eigene kulturelle Prägung reflektiert, und aus dem interkulturellen Dialog entsteht unter Umständen ein neues Verständnis der Dinge, eine „Interkultur“.
Der Unterricht mit Teilnehmergruppen mit den verschiedensten kulturellen Hintergründen erfordert von den Kursleitenden diesen reflektierten Umgang mit anderen Lebenswelten, beispielsweise um die Migrantinnen und Migranten bei der „Interpretation“ ihrer neuen Umgebung behilflich zu sein. Um die Kursteilnehmenden beim Lernprozess optimal zu unterstützen und zu begleiten, müssen Kursleitende insbesondere auch offen zu sein für andere Vorstellungen von Lehren und Lernen, und unterschiedliche Lernstrategien und Lernwege erkennen und nutzen.
Das definierte Anforderungsprofil beinhaltet deshalb auch interkulturelle Kompetenzen, und die Kursleitenden werden in einem spezifischen Modul auf diesen anspruchsvollen Aspekt ihrer Tätigkeit vorbereitet.
Kann-Beschreibungen sind Kompetenzbeschreibungen, die sprachliche Fertigkeiten präzisieren. Die Kann-Beschreibungen in der Szenarien-Datenbank sind wo immer möglich (d.h. wenn der Bezug zur Migrationssituation es zulässt) aus Profile Deutsch bzw. dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen (GER) entnommen. Aufgeführt werden Kann-Beschreibungen auf den Niveaus A1, A2 und B1. Diese sind mit Beispielen angereichert und damit dem Kontext des Szenarios angepasst.
Die Ko-Konstruktion des Lernprozesses ist eine der wichtigsten Grundlagen des Sprachunterrichts nach den fide-Prinzipien. Ko-Konstruktion bedeutet, dass die Lernenden sich im Austausch mit Lehrpersonen und anderen Kursteilnehmenden sowie im gemeinsamen Erforschen und Erarbeiten von Lerninhalten Sprachkenntnisse und Wissen über das Leben in der Schweiz aneignen. Sie sind dabei aktive Partner und bringen ihre Lebenserfahrung, ihre Interessen, ihr Wissen, ihre Meinungen und ihre Werte ein. Das Lernprogramm wird laufend gemeinsam überprüft und an die geäusserten Bedürfnisse der Gruppe oder einzelner Lernenden angepasst. In einem auf diese Weise von den Teilnehmenden mitgestalteten Lernprozess arbeiten die Lernenden motiviert an für sie relevanten Inhalten, was den Lernerfolg begünstigt.
Das Ziel des szenariobasierten Unterrichts nach den fide-Prinzipien ist es, die neu zugewanderten Personen so rasch wie möglich zu befähigen, sich im schweizerischen Alltag selbständig zu bewegen. Im Alltag überwiegt die mündliche Kommunikation – deswegen steht diese auch bei den meisten fide-Szenarien im Vordergrund.
Es gibt allerdings auch Situationen, in denen das Verstehen von Texten wichtig ist (z.B. kurze Mitteilungen von Amtsstellen oder Informationsblätter für Eltern von Schulkindern) oder die Schreibfähigkeiten erfordern (z.B. das Ausfüllen eines Formulars oder eine kurze Mitteilung an den Arbeitgeber oder an die Lehrperson der Kinder). In denjenigen Szenarien, in welchen die schriftliche Kommunikation häufig vorkommt, wird diese auch im Unterricht nach den fide-Prinzipien integriert.
Die Musterszenarien enthalten Textmodelle für häufig wiederkehrende kommunikative Situationen, sowohl für Dialoge (z.B. am Telefon einen Termin abmachen) als auch für kurze schriftliche Mitteilungen (z.B. das kranke Kind mit einer SMS vom Unterricht abmelden).
Die fide-Szenariobeschreibungen unterteilen jedes Szenario in Handlungsschritte; jeder Handlungsschritt umfasst eine oder mehrere kommunikative Aufgaben. Kommunikative Aufgaben sind sprachliche Handlungen, die auf ein Ziel ausgerichtet sind, beispielsweise „ein Antragsformular für die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung ausfüllen“ oder „Die Schalterbeamtin begrüssen und sein Anliegen vorbringen“.
In der Szenarien-Datenbank wird jede kommunikative Aufgabe im jeweiligen Kontext präzisiert, beispielsweise durch Angabe des Mediums, des Interaktionspartners, des Orts oder der notwendigen Ressourcen.
Im szenariobasierten Sprachunterricht nach den fide-Prinzipien sind die kommunikativen Aufgaben eine Grundlage für das Formulieren von sinnvollen Lernzielen.
Strategien sind mehr oder weniger bewusste Pläne oder Muster der Handlungssteuerung, die eingesetzt werden, um unter gegebenen Kontextbedingungen Aufgaben aller Art zu lösen, also auch sprachlich-kommunikative. Im GER werden Strategien der Planung, Ausführung, Kontrolle und Reparatur von Handlungen genannt. Strategien greifen bei der Bewältigung von Aufgaben auf Kompetenzressourcen zu, und zwar a auf allgemeine Kompetenzen und b auf kommunikative Sprachkompetenzen. Falls diese Kompetenzressourcen nur wenig ausgebaut sind, werden z. T. intensiv Kompensationsstrategien eingesetzt.
Für alle Szenarien gibt es Kompetenzbeschreibungen auf den Niveaus A1, A2 und B1. Diese Texte beschreiben, WAS jemand – in Bezug auf das Szenario – auf einer bestimmten Niveaustufe WIE GUT tun kann. Die Kursleitung kann diese Kompetenzbeschreibungen vorbereitend lesen, um sich einen allgemeinen Eindruck davon zu verschaffen, was von den Teilnehmenden auf einer bestimmten Niveaustufe erwartet werden kann. Die Kursleitung kann sie ebenfalls dazu benutzen, die sprachlichen Leistungen der Lernenden einzustufen. Zu diesem Zweck werden die Leistungen mit den Beschreibungen verglichen.
Es ist vorgesehen, dass die Kursanbietenden den Lernenden am Ende eines Kurses ein fide-Kursattest ausstellen, das in Bezug auf Aufbau und Inhalt standardisiert ist. Es enthält neben den Angaben zur Person die im Kurs behandelten Szenarien, das generelle Niveau der Lernenden (mündlich und schriftlich), evtl. spezifische Kompetenzen sowie eine Empfehlung für einen Folgekurs.
Die Kursleitung verfolgt die Leistungen der Kursteilnehmenden während des Kurses und führt immer wieder Evaluationen und Zwischenbeurteilungen durch. Am Ende des Kurses steht eine Standortbestimmung, bei der die Beurteilungen besprochen werden. Idealerweise geschieht dies im individuellen Gespräch und aufgrund der Lerndokumentation der Kursteilnehmenden.
Der Sprachunterricht mit Migrantinnen und Migranten stellt hohe Anforderungen an die Kursleitung, insbesondere aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen und Ziele der Lernenden. Im Rahmen des fide-Projekts wurde das spezifische Anforderungsprofil definiert und auf dieser Basis eine Qualifikation für Sprachkursleitende im Integrationsbereich entwickelt. Dieses umfasst die folgenden Komponenten:
Entsprechende Aus- und Weiterbildungskurse werden von verschiedenen Organisationen regional angeboten.
Der szenariobasierte Sprachunterricht nach den fide-Prinzipien weist eine starke Handlungsorientierung und eine starke Bedürfnisorientierung auf: Es werden Lerninhalte bearbeitet, welche für die Lernenden unmittelbar relevant sind, weil sie ihre aktuelle Lebenssituation betreffen und ihnen bei der Bewältigung des Alltags in der Schweiz helfen. Neben den sprachlich-kommunikativen Kompetenzen wird dabei auch soziokulturelles Wissen aufgebaut.
Nach dem Prinzip der Ko-Konstruktion werden die Lernenden als aktive Partner betrachtet, welche den Lernprozess mitgestalten.
Im Rahmen des fide-Projekts wurden keine Lehrmittel für den Sprachunterricht mit Migrantinnen und Migranten entwickelt, sondern Grundlagen und Materialien, welche es den Kursleitenden erleichtern sollen, einen bedürfnisgerechten und alltagsorientierten Unterricht zu gestalten. Sie können dabei publizierte Deutschlehrmittel einsetzen oder sich auf Materialien und Texte aus dem Alltag und selbst erstellte Lernunterlagen stützen.
Hinter dem Entscheid, keine „fide-Lehrmittel“ zu entwickeln, steht unter anderem die Überzeugung, dass der Lernprozess zusammen mit der Lerngruppe und nahe an ihren unmittelbaren kommunikativen Bedürfnissen gestaltet werden sollte – ein Lehrmittel, das Lerninhalte vorgibt und nach einer bestimmten Abfolge aufbaut, kann diesem Anspruch nur bedingt gerecht werden.Die fide-Webseite bietet hingegen viele Anregungen und Hilfsmittel zur Gestaltung des szenariobasierten Unterrichts:
Im szenariobasierten Unterricht nach den fide-Prinzipien hat die Definition und die Überprüfung von angepassten Lernzielen einen festen Platz:
Beispiele von Lernziel- und Lernergebnisblättern finden sich in den Musterszenarien. Für die praktische Arbeit im Unterricht gibt es entsprechende Materialvorlagen.
Um es den Kursleitenden zu erleichtern, für ihre Lernenden gezielt Materialien für den Unterricht herzustellen, stehen auf der fide-Webseite verschiedene Materialvorlagen zum Download zur Verfügung:
Ein kurzer Leitfaden zeigt auf, wie die Materialvorlagen verwendet werden können.
Für eine Anzahl der Szenarien der Szenarien-Datenbank wurden exemplarisch weitere Materialien (Unterrichtshilfen) ausgearbeitet:
Zu den Musterszenarien gibt es ebenfalls Praxisberichte, welche mögliche didaktische Umsetzungen des betreffenden Szenarios in verschiedenen Kursumgebungen illustrieren.
Ein wichtiger Bestandteil des Sprachunterrichts nach den fide-Prinzipien ist das Dokumentieren der Lernergebnisse: Das Sammeln von „Produkten“ aus dem Unterricht (z.B. Mustertexte, Wortschatzsammlungen zu einem Thema) und das periodische Festhalten der Lernergebnisse ist die Basis für einen kontinuierlichen Evaluations- und Planungsprozess. Das Anlegen einer Lerndokumentation fördert gerade bei schulungewohnten Lernenden die Fähigkeit, ihre Leistungen einzuschätzen, über ihre Lernbedürfnisse zu reden und so zu aktiven Partnern im Prozess der Ko-Konstruktion des Lerngeschehens zu werden.
fide sieht keine standardisierte Form – etwa einen Portfolio-Ordner – für diese Lerndokumentationen vor. Je nach Teilnehmergruppe, Niveau und Zielsetzungen kann diese verschiedene Formen und einen unterschiedlichen Umfang annehmen. Unter der Rubrik „Unterrichtshilfen“ auf der fide-Webseite finden sich jedoch verschiedene Instrumente und Vorlagen, welche das Anlegen einer Lerndokumentation unterstützen können.
Der Gemeinsame Europäische Referenzrahmen (GER) definiert insgesamt sechs Niveaus zur Beschreibung von Sprachkompetenzen: A1, A2, B1, B2, C1, C2, wobei A1 das tiefste und C2 das höchste Niveau bezeichnet. Die Kommunikation im Alltag ist beim Niveau B1 in der Regel sichergestellt, deshalb wurde im Rahmen des fide-Projekts nur der Bereich A1-B1 berücksichtigt.
Die fide-Szenarien basieren auf konkreten, für Migrantinnen und Migranten notwendigen Handlungen, und sie können und sollen nicht a priori einem Sprachkompetenzniveau zugeordnet werden. Kursleitende können dieselben Szenarien mit Gruppen auf unterschiedlichen Niveaus behandeln. Für einen A1-Kurs legen sie den Akzent z.B. auf mögliche Kompensationsstrategien und neue Einzelwörter oder auf Ausdrücke, die für eine minimale Verständigung in der realen Situation hilfreich sind.
Die für alle Szenarien vorhandenen Kompetenzbeschreibungen nach Niveaus zeigen, welche Leistungen man von Lernenden auf den Niveaus A1, A2 und B1 erwarten kann. Die Kompetenzbeschreibungen erleichtern es der Kursleitung somit, bei der Bearbeitung des Szenarios mit einer spezifischen Kursgruppe die richtigen Akzente zu setzen.
Zu den Musterszenarien finden sich auf der fide-Website Berichte „Aus der Praxis“, welche mögliche didaktische Umsetzungen des betreffenden Szenarios auf unterschiedlichen Niveaus und in unterschiedlichen Kursumgebungen in erzählender Form schildern. Diese Praxisberichte sollen den Kursleitenden Anregungen geben, wie mit den Szenarien im Unterricht praktisch umgegangen werden kann, und sie zeigen auch exemplarisch auf, wie die vorhandenen Unterrichtshilfen eingesetzt werden können.
Das 2009 publizierte „Rahmencurriculum für die sprachliche Förderung von Migrantinnen und Migranten“ bildete die Grundlage und den Ausgangspunkt für das fide-Projekt. Vor dem Hintergrund der aktuellen Kurspraxis und der neuesten Erkenntnisse in Bezug auf den gesteuerten Zweitspracherwerb wurden im Rahmencurriculum Empfehlungen zur Optimierung der Sprachlernangebote ausgesprochen. Diese Empfehlungen betreffen verschiedene Bereiche wie die Ziele der Sprachförderung, die Organisation von Kursen, die Unterrichtsmethodik, die Qualitätssicherung und die Beurteilung der Lernergebnisse.
Bezugsquelle: www.bundespublikationen.admin.ch, Art.-Nr. 420.011.D (oder Download über von der fide-Webseite).
Im Rahmen des fide-Projekts wurden 72 Kurzfilme in den drei Sprachen Deutsch, Französisch und Italienisch realisiert, in welchen Migrantinnen und Migranten mit unterschiedlichen Sprachniveaus in verschiedenen Szenarien kommunizieren. Beispiele von schriftlichen Texten zeigen exemplarisch das sprachliche Können in der schriftlichen Produktion.
Diese Referenzleistungen wurden von Experten bewertet und kommentiert und können so beispielsweise in der Weiterbildung von Kursleitenden oder Behördenvertretern eingesetzt werden, um ein gemeinsames Verständnis der Niveaus des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens GER zu entwickeln. Die Kurzfilme können auch im Unterricht eingesetzt werden, z.B. zur Einführung in ein Szenario.
Der Begriff Ressourcen fasst alle Mittel zusammen, die es ermöglichen oder es erleichtern, eine bestimmte kommunikative Situation zu bewältigen: sprachliche Mittel, aber auch persönliche Erfahrungen, soziokulturelles Wissen, kommunikative Strategien usw.
Mündliche Kommunikationssituationen sind im Alltag sehr viel häufiger als schriftliche. Deshalb stehen die mündlichen Fertigkeiten im Sprachunterricht nach den fide-Prinzipien im Vordergrund. Trotzdem gibt es Alltagssituationen, in denen das Schreiben wichtig ist – im Kontakt mit öffentlichen Stellen müssen beispielsweise immer wieder Formulare ausgefüllt werden, oder im Berufsalltag muss man kurze Notizen erstellen.
Im szenariobasierten Sprachunterricht werden die Schreibfähigkeiten nicht isoliert sondern im Kontext von konkreten Szenarien entwickelt, mit den Schwerpunkten auf Verständlichkeit und Angemessenheit der Form. Anfängerinnen oder Anfänger und schreibungewohnte Personen können sich dabei auf Textmodelle stützen, die sie für den jeweils aktuellen Schreibanlass anpassen können.
Der Szenarioansatz eignet sich gut für schulungewohnte Lernende. Ein auf Szenarien basierter Unterricht bietet konkrete Hilfen für die Bewältigung des Alltags, weil es sich sich an authentischen Situationen orientiert, und er ermöglicht ein aktives Lernen mit greifbaren Resultaten, was die Zielgruppe der schulungewohnten Lernenden besonders anspricht.
Andererseits hat sich der szenariobasierte Unterricht auch mit Gruppen von schulgewohnten Lernenden bewährt: Ausgehend von den konkreten Alltagssituationen können Wortschatz und Grammatik systematisch vertieft werden, und zahlreiche Szenarien bieten reichhaltiges Lesematerial und authentische Schreibanlässe.
Der Zweitsprachunterricht in der Schweiz erfolgt grundsätzlich auf Standarddeutsch. Die gesprochene Sprache ist so näher an der geschriebenen Sprache, was den Lernenden besonders am Anfang den Einstieg in die Sprache erleichtert. Andererseits sind die Lernenden täglich von Schweizerdeutsch umgeben, viele Arbeits- und Alltagssituationen erfordern das Verstehen des Dialekts und auch der Sprachgebrauch der Migrantinnen und Migranten wird davon geprägt werden.
Im Sprachunterricht nach den fide-Prinzipien wird das Schweizerdeutsche weder aus dem Kursraum verbannt noch stellt das Erlernen des lokalen Dialekts ein Lernziel dar. Die Alltagsorientierung des Unterrichts bedeutet, dass die Lernenden auf den Kontakt mit dem Schweizerdeutschen vorbereitet werden, z.B. durch die Schulung des Hörverstehens.
Kursleitende finden nützliche Hinweise zum Umgang mit dem Schweizerdeutschen im Unterricht im „Leitfaden zum Dialektgebrauch in der Deutschschweiz“, unter der Rubrik „Unterrichtshilfen“.
Für die Entwicklung der Fähigkeit zum selbstgesteuerten Lernen und zur Ko-Konstruktion des Lernprozesses – beides wichtige Grundsätze des Unterrichts nach den fide-Prinzipien – ist es wichtig, dass die Lernenden regelmässig Gelegenheit erhalten, ihre Lernschritte zu reflektieren und ihre Fähigkeiten einzuschätzen.
Die Musterszenarien enthalten Hinweise und Blätter zur Selbstevaluation im Hinblick auf klare, konkrete Kriterien. Diese können als Vorbilder oder Anregungen für die Entwicklung von Instrumenten zur Selbstevaluation für andere Szenarien dienen.
Um in privaten oder beruflichen Alltagssituationen handeln zu können, braucht es neben sprachlichen Kompetenzen fast immer auch Kenntnisse zu „wie etwas hier funktioniert“ oder „wie man das hier macht“, z.B. Was mache ich bei einem Unfall? Was passiert, wenn ich eine Rechnung nicht fristgerecht bezahle? Was muss ich tun, wenn mein Kind nicht zur Schule gehen kann? Wie spreche ich die Angestellte bei der Einwohnerkontrolle an?
Da der szenariobasierte Unterricht auf die Entwicklung der Handlungskompetenz zielt, werden diese Kenntnisse selbstverständlich ebenfalls im Unterricht vermittelt. Einen besonderen Stellenwert hat dieses Orientierungswissen im Unterricht auf den tieferen Niveaus – es gibt den Personen mehr Sicherheit und hilft, kommunikativ anspruchsvolle Situationen auch mit geringen sprachlichen Ressourcen zu bewältigen.
Der Sprachenpass ist ein Dokument, das die erreichten mündlichen und schriftlichen Kompetenzen in den schweizerischen Amtssprachen Deutsch, Französisch und Italienisch ausweist. Er wird im Auftrag des Staatssekretariats für Migration SEM von der Geschäftsstelle fide ausgestellt.
Der Sprachenpass kann über verschiedene Wege erworben werden: über das Absolvieren des fide-Tests, über ein anerkanntes Sprachzertifikat, über das Validieren eines fide-Dossiers oder über die Teilnahme an einem Examen da rumantsch.
Der szenariobasierte Sprachunterricht nach den fide-Prinzipien orientiert sich an den aktuellen Lernbedürfnissen der Kursteilnehmenden und nicht an den Lernzielkatalogen, welche die Grundlage für die international bekannten Sprachprüfungen (Goethe Institut, TELC) bilden. Aber auch bei der Arbeit mit Szenarien bauen die Lernenden mündliche und schriftliche Sprachkompetenzen auf, welche sie zum gegebenen Zeitpunkt befähigen, eine externe Sprachprüfung zu absolvieren. Empfohlen wird eine Prüfungsvorbereitung, damit die Lernenden die spezifischen Prüfungsformate und Vorgehensweisen an den Prüfungen kennen lernen.
Die marktüblichen Sprachprüfungen nehmen nur beschränkt Bezug auf den Schweizer Alltag und die kommunikativen Bedürfnisse von Migrantinnen und Migranten. Zudem eignen sie sich nicht für schulungewohnte Lernende. Mit dem fide-Test wurde deshalb eine für alle Sprachregionen einheitliche Prüfung geschaffen, welche auf die Schweizer Realität und die Zielgruppe zugeschnitten ist und auch die spezifischen Schwierigkeiten von schulungewohnten Personen berücksichtigt.
In der Szenarien-Datenbank finden Kursleitende oder Autorinnen und Autoren von didaktischen Materialien diverse Angaben zu den Szenarien:
Ein Szenario beschreibt eine Serie von Handlungen, welche zu einem bestimmten Handlungsziel hinführen, z.B. „Die Aufenthaltsbewilligung verlängern“. Szenarien beschreiben also Situationen, welche in der Regel einen ziemlich vorhersehbaren Ablauf haben (manchmal mit Varianten), an denen Personen mit bestimmten Rollen beteiligt sind und in denen bestimmte „Medien“ (z.B. ein Gespräch am Telefon, eine SMS, ein Formular, ein direktes Gespräch) eingesetzt werden.
Die Szenariobeschreibungen in der Szenarien-Datenbank von fide enthalten eine Darstellung des voraussichtlichen Ablaufs der einzelnen Handlungsschritte, eventuell mit Varianten; die Handlungsschritte werden ihrerseits in kommunikative Aufgaben unterteilt, und für jede kommunikative Aufgabe werden Kann-Beschreibungen aufgelistet, welche die sprachlichen Kompetenzen spezifizieren, die für die Bewältigung der Aufgabe hilfreich sind. Die Szenarien-Datenbank enthält ebenfalls für jedes Szenario Kompetenzbeschreibungen, welche illustrieren, welche Leistungen von Lernenden auf den Niveaus A1, A2 und B1 in den spezifischen Handlungssituationen erwartet werden können.
Der szenariobasierte Unterricht ist auf den Erwerb von Handlungskompetenz für den Alltag ausgerichtet. Alltägliche Situationen und Handlungsabläufe (Szenarien) bilden den Ausgangs- und Bezugspunkt für den Lernprozess: In der Regel steht das Kennen lernen der Situation und des voraussichtlichen Handlungsablaufs am Anfang. Dies erlaubt den Lernenden einerseits das Aufbauen von Kenntnissen über diesen spezifischen Ausschnitt des schweizerischen Alltags und andererseits das Einschätzen ihrer sprachlichen Fähigkeiten und Lernbedürfnisse. Auf dieser Basis können konkrete, niveaugemässe und für die Kursteilnehmenden relevante Lernziele definiert und der Lernprozess geplant werden. Die Bewältigung der konkreten kommunikativen Situationen erlaubt ebenfalls das Überprüfen der Lernfortschritte durch die Kursteilnehmenden selbst.
Szenarien können grundsätzlich auf verschiedenen Niveaus bearbeitet werden: Bei noch geringen Sprachkenntnissen können Migrantinnen und Migranten auch durch den Einsatz von Kompensationsstrategien handlungskompetent werden. Zu einem späteren Zeitpunkt können bei der Bearbeitung desselben Szenarios höhere Ansprüche an die sprachliche Qualität gestellt werden.
Die Musterszenarien enthalten Blätter mit mündlichen und schriftlichen Textmodellen für kommunikative Situationen, welche meist nach einem recht vorhersehbaren „Muster“ ablaufen, beispielsweise eine Terminvereinbarung beim Arzt oder eine SMS, um sich bei Krankheit am Arbeitsplatz abzumelden.Mithilfe der Materialvorlagen können die Kursleitenden an die Kursgruppe angepasste Textmodelle für weitere Dialoge oder schriftliche Mitteilungen entwickeln.
Unter der Rubrik „Unterrichtshilfen“ finden Kursleitende konkrete Anregungen und Hilfsmittel für die Gestaltung des szenariobasierten Sprachunterrichts nach den fide-Prinzipien, beispielsweise
Für fremdsprachige Personen, die sich in der Schweiz integrieren wollen, ist das nachhaltige Erlernen der lokalen Amtssprache zentral. Die Vorgehensweisen im Sprachunterricht sollten deshalb ein möglichst wirksames Lernen erlauben. Dieses knüpft bei den vielfältigen Erfahrungen und Kenntnissen an, welche die erwachsenen Migrantinnen und Migranten bereits mitbringen (Ressourcenorientierung).
Die Sprachlernforschung hat zudem gezeigt, dass kommunikative Kompetenz in einer Sprache am besten entwickelt wird, wenn im Unterricht Situationen behandelt werden, welche für die Lernenden unmittelbar wichtig sind. Das Verstehen und der Wortschatz stehen dabei im Mittelpunkt, die Grammatik hat eher eine unterstützende Funktion. Die Grundlage des Sprachunterrichts nach den fide-Prinzipien ist deshalb die konsequente Orientierung auf für die Lernenden relevante Alltagssituationen.
Beim Erlernen einer neuen Sprache ist besonders am Anfang der Wortschatz zentral: Kommunikative Situationen können notfalls auch mit Einzelwörtern und dem Einsatz von Gesten bewältigt werden.Für Anfängerinnen und Anfänger ist es schwierig, gleichzeitig auf den Inhalt und auf die richtige Grammatik zu achten. Deshalb wird auf den unteren Kompetenzniveaus der Wortschatz am besten in so genannten „Chunks“ (deutsch: „Brocken“) gelernt, d.h. in kurzen Sätzen oder Gruppen von Wörtern, die nicht weiter analysiert werden, z.B. „Ich wohne in der Zürich-Oerlikon.“ oder „Entschuldigung, ich habe eine Frage.“
Migrantinnen und Migranten aus verschiedenen Ländern und Kulturen mit unterschiedlichen persönlichen und kulturellen Erfahrungen stellen ein sehr heterogenes Zielpublikum dar. Der szenariobasierte Unterricht nach den fide-Prinzipien eignet sich grundsätzlich für alle Zielgruppen, da Lernziele und Lerninhalte immer an die Bedürfnisse der Teilnehmergruppe angepasst werden.Spezifische Zielgruppen, z.B. Analphabeten, Asylsuchende oder Jugendliche, können Bedürfnisse haben, auf welche besser in separaten Kursgruppen eingegangen werden kann. Es wird ebenfalls empfohlen, schulgewohnte und schulungewohnte Lernende möglichst nicht in derselben Gruppe zu unterrichten.
Das Erlernen der Ortssprache durch eingewanderte Personen wird als Zweitspracherwerb bezeichnet. Für viele Migrantinnen und Migranten ist es nicht die zweite Sprache, die sie lernen, aber sie wird in ihrer neuen Lebensumgebung neben ihrer Erstsprache als zweite Sprache im Alltag verwendet werden.Der Zweitsprachunterricht unterscheidet sich vom Fremdsprachunterricht (z.B. von einem Englischkurs) dadurch, dass der Alltagsbezug einen zentralen Stellenwert hat: Die Lernenden haben im Alltag unmittelbare kommunikative Bedürfnisse, auf die im Unterricht eingegangen werden kann, und das Erlernte kann umgekehrt direkt in der Praxis umgesetzt werden.
Was ist ein Szenario? Wie mit Fehlern umgehen? In kurzen Artikeln werden wichtige Begriffe und didaktische Fragen rund um fide und den handlungsorientierten Unterricht kurz aufgegriffen und erklärt.
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